Geschichten vom Stricken von Ebba D. Drolshagen
Der Klappentext verspricht einiges: “Die erste Kuturgeschichte des Strickens: lehrreich, unterhaltsam, anekdotenreich.”
Und um es vorweg zu nehmen: Das schafft die Autorin tatsächlich! In 16 Kapiteln erzählt sie unter anderem, wie weltbekannte Muster entstanden sind, wie sich das Stricken über die letzten Jahrhunderte verändert hat und wozu Stricken (und Häkeln) nützlich ist.
Man braucht nicht viel zum Stricken: einen langen Faden und zwei spitze Nadeln. Und noch eine Idee oder eine Anleitung. Deshalb kann es im Prinzip auch überall praktiziert werden, auf der ganzen Welt, zu jeder Zeit. Das zeigt auch Frau Drolshagen in ihren Geschichten von vielen verschiedenen Völkern in verschiedenen Jahrhunderten. Früher war es meist notwendig, viele Menschen lebten von der Arbeit. Heute ist es ein immer beliebter werdendes Hobby.
Grundlagen des Strickens wie linke und rechte Maschen werden ebenso erklärt. Bisher war mir nicht bewusst, dass sich manche Stricker mit der linken Masche eher schwer tun (was an der Stricktechnik liegt) und daher bewusst auf linke Maschen verzichten! Allerdings war mir auch nicht bewusst, dass es so viele unterschiedliche Techniken gibt, die vor allem zwischen den Kontinenten existieren.
“Die unerschöpflichen Möglichkeiten der rechten und linken Maschen ergeben eine schwindelerregende Vielfalt, die Stricken zu einer beglückenden, endlos sprudelnden Wundertüte macht. “
Auch interessant: Niemand kann belegen, wer wann zum ersten Mal etwas mit 2 Nadeln und einem Faden gefertigt hat. Es gibt einige Hinweise auf den Mittleren Osten, aber sicher ist sich da niemand. Ein Indiz könnte unsere Strickrichtung sein: Wir stricken und häkeln von rechts nach links, wie auch die arabische Schreibweise. Ein Zufall?
Gelernt habe ich auch, dass man die Weichheit einer Faser in Micron misst. Je geringer der Wert, desto weicher ist das Garn. Über 25 Micron empfinden die meisten Menschen als kratzig. Die feinste Faser ist von den Vicunas aus Peru mit 8 bis 13 Micron (25g kosten über 200€, pro Jahr gibt es gerade einmal 40 Knäuel!). Ein menschliches Haar hat übrigens 30 Micron und ist daher entsprechend kratzig …
Und auch in diesem Buch lässt die Autorin das Thema Tierhaltung nicht außer Acht. Sie schreibt, dass 90% der weltweiten Merinowolle aus Australien kommt. Und hier wird Mulesing immernoch unverändert praktiziert. Da müssen wir also schon genau hinschauen, wenn wir Wolle ohne diese Quälerei kaufen wollen!
Der Anteil von deutscher Wolle ist hingegen sehr gering. Deshalb finde ich es auch umso wichtiger, lokale Innitiativen zu unterstützen. Schaf&Schäfer arbeiten z.B. nur mit deutschen Schäfern zusammen. Diese und weitere Namen nennt auch die Autorin, was ich sehr gut finde! So werden ihre Ideen und Konzepte weiter verbreitet.
Auch Rosy Green Wool wird genannt, die ich auf der h+h kennenlernen durfte. Ihr Konzept ist an die Herstellung von Weinen angelehnt – es gibt Jahrgangswollen. Jedes Jahr kann die Qualität variieren, was nur natürlich und nachvollziehbar ist, denn Temperatur und Niederschlag und auch die Bodenverhältnisse sind nie identisch. Wie soll es also die Wolle sein?
Neben der Geschichte über die letzten Jahrhunderte werden natürlich auch aktuelle Entwicklungen erwähnt. So erzählt die Autorin von diversen Festivals, die zum Teil schon Kultstatus erreicht haben, darunter z.B. das Berlin Knits Yarnfestival oder das Wollfest Hamburg aus Deutschland. Erst letztes Jahr habe zum ersten mal davon gehört und war auf zwei Veranstaltungen, dieses Jahr werden es bei mir schon wesentlich mehr. Es wird auch hier einige Infos dazu geben, bald lest ihr mehr davon 😉
Fazit: Insgesamt bietet das Buch eine Mischung aus Geschichten, hilfreichen Hinweisen und sogar einzelne Technik-Themen. Designer werden ebenso vorgestellt wie Blogger und Färber. Hier lohnt es sich, weiter zu recherchieren! Aus meiner Sicht eine absolute Empfehlung für alle StrickerInnen und HäklerInnen, die sich für Hintergrundwissen zum liebsten Hobby interessieren. Dafür lässt man ausnahmsweise auch einmal das Strickprojekt links liegen 🙂
Dieses Rezensionsexemplar wurde mir vom Suhrkamp Verlag zur Verfügung gestellt. Vielen Dank!
Hallo Jana,
das klingt sehr gut, danke für die Rezension. Ich weiß schon, welches Buch ich mir als nächstes zulege ;-).
LG Ute
Viel Spaß beim Lesen Ute!